Noch schnell hin: Architekturbiennale Venedig

Die Architekturbiennale „Reporting from the Front” ist noch bis zum 27. November geöffnet. Und jetzt ist die beste Zeit um hinzugehen! Venedig ist nicht mehr sommerlich überlaufen, das Licht ist nicht mehr so grell, die Anreise günstig und in der Ausstellung ist Platz, um sich die Exponate in aller Ruhe anzuschauen.

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Arsenale: Man kann Licht anfassen!

Wie immer gibt es die große Schau im Arsenale und die Länderpavillons in den Giardini. Weil ich morgens nicht aus dem Bett gekommen bin, kommen wir erst gegen zwölf im Arsenale an, vom Bahnhof läuft man eine gute Stunde (mein studentischer Geldbeutel erlaubt mir das Vaporetto noch nicht, das ist aber schneller und fährt direkt vom Bahnhof). Wir beginnen im Arsenale, es gibt spannende Projekte aus der ganzen Welt. Ich bleibe hängen bei dem Beitrag zu temporären Städten am Beispiel von Kumbh Mela, einem religiösen Fest, zu dem alle zwölf Jahre fünf Millionen Menschen für mehrere Monate eine Stadt aufbauen – die danach wieder verschwindet.

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Türkei: Darzanà: Two Arsenals, One Vessel

Ein deutscher Beitrag beschäftigt sich mit der Architektur der Flüchtlingswellen in den 1940/50ern und 2015/16 nach Deutschland – eine spannende Parallele. Die Türkei schickt von Feride Çiçekoğlu, Mehmet Kütükçüoğlu and Ertuğ Uçar ein Schiff aus Schiffsteilen, gebaut in Istanbul, in einem Schiffsdock wie dem Arsenale. Hoffentlich werden auch die türkischen Beiträge in den nächsten Jahren Gemeinsamkeiten unterstreichen und nicht Patriotismen. Der italienische Pavillon ist leider furchtbar langweilig.

Der kanadische Pavillion(?) ist ein Loch im Boden
Der kanadische Pavillion(?) ist ein Loch im Boden

Weil es natürlich schon viel zu spät ist, rennen wir zu den Giardini. Ich verstehe nicht, wie es mir immer wieder passiert, dass ich die Biennale in einem Tag sehen will, obwohl man Arsenale und Giardini an zwei Tagen besuchen kann und ich am Ende durch die Giardini hetze, obwohl ich sie so gerne mag. Ich liebe die Länderpavillons, ich weiß mittlerweile, dass Japan immer spannend ist und ich aus dem britischen Pavillon schulterzuckend herauskomme. Skandinavien gratuliere ich, weil es sauschwer ist, aus diesem architektonisch großartigen aber schwer zu bespielenden Gebäude etwas Sinnvolles herauszuholen, hat aber geklappt, dieses Mal. Man geht in „Therapie“ und lässt sich auf der Couch über skandinavische Architektur berichten.

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Der – offene – deutsche Pavillon

Wieder einmal bin ich begeistert vom deutschen Pavillon. Der Kurator Oliver Elser hat einfach die Wände des 1938 (und ganz genauso aussehenden) Pavillons geöffnet. Die herausgenommenen Ziegel dienen als Tische und Tresen. Making Heimat in einer offenen Gesellschaft, offen wie der deutsche Pavillon. Schade nur, dass zum Ende der Biennale alles wieder zugemauert werden muss – Denkmalschutz. Der Blick aus der Halle des Gebäudes auf die Bäume und die Lagune ist berauschend, vor allem, weil man ihn aus billigen Plastikstühlen heraus genießen kann. Hoffentlich mauert sich nicht auch die deutsche Gesellschaft ein.

Fazit: die Architekturbiennale ist dieses Jahr genauso aufregend wie sonst die Kunstbiennale. Das Thema ist relevant, die Beiträge spannend. Zeit mitbringen! Und Essen, das Bistro ist nicht empfehlenswert.

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Sonnenuntergangsblick, wenn man am Abend aus den Giardini kommt

Details

Bis zum 27. November 2016 täglich von 10-18 Uhr geöffnet, außer montags (Montags ausnahmsweise geöffnet am 31. Oktober und 21. November). Eintritt 22 Euro, ermäßigt 15.

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